Eine Armatur die die Heißwasserentnahme unmöglich macht widerspricht anderen Vorschriften, eben das die Leitung bis zum Ende komplett heiß durchgespühlt werden kann um Krankheitserreger aus der gesamten Leitung spülen zu können.
Ich würde vermuten das man die Hygiene voranstellt. Denn die Regulation der Temperatur kann man meiner Meinung nach dem Pflegepersonal zumuten.
Ein wirksamer Schutz vor Legionellen-Infektionen ist technisch möglich, auch wenn ein Verbrühschutz angewendet wird, um gefährdete Personen zu schützen.
Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 2019 ein Urteil zu den Schutzpflichten von Heimbetreibern gesprochen. Ich habe dazu einen Beitrag in unserem QM-Newsletter! Nr. 39 vom 14.10.2019 geschrieben, den ich hier eingestellt habe:
Verbrühungen in stationären Wohn-Pflege-Einrichtungen: Urteil zu den Schutzpflichten der Betreiber
In den vergangenen Jahren ist es beim Duschen und Baden von pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen immer wieder zu schweren und sogar tödlichen Verbrühungsunfällen gekommen (vgl. Lapschieß, 2014, 2019). Die letzten in der Presse bekannt gewordenen, tödlichen Badeunfälle mit heißem Wasser haben sich im Februar 2019 in einem Pflegeheim in Dessau-Roßlau und im März 2019 in einer Intensivpflegeeinrichtung in Hamburg ereignet.
Die effektivste Maßnahme zur Verhinderung solcher Unfälle ist die Installation von Bade- und Duscharmaturen mit Temperaturbegrenzern. Dennoch gibt es in den meisten Bundesländern hierzu bislang keine konkreten gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften (vgl. Lapschieß, 2019; Nöltner, 2017).
In einem Urteil vom 22. August 2019 hat der Bundesgerichtshof nun die Schutzpflichten der Betreiber von Wohn- und Pflegeeinrichtungen zur Vermeidung von Verbrühungen konkretisiert. Anlass war die Klage einer Heimbewohnerin gegen den Träger einer stationären Betreuungseinrichtung für Menschen mit Behinderung.
Die geistig behinderte Frau hatte bei einem Verbrühungsunfall im Jahr 2013 schwere Verletzungen an beiden Füßen und Unterschenkeln erlitten. In der Absicht ein Bad zu nehmen, hatte sich die Bewohnerin in Absprache mit einer Betreuungskraft heißes Wasser in eine Sitzbadewanne eingelassen. Dabei verbrühte sich die Frau. Die Duscharmatur war mit einem Einhebelmischer ohne Temperaturbegrenzer ausgestattet. Zur Behandlung der schweren Brandverletzungen waren mehrere Hauttransplantationen notwendig. Bedingt durch Komplikationen ist die Bewohnerin heute in ihrer Mobilität so stark eingeschränkt, dass sie dauerhaft einen Rollstuhl benutzen muss. Außerdem leidet die 50-jährige Frau unter den psychischen Folgen des Traumas.
Die Vorinstanzen hatten die Klage der Bewohnerin gegen den Träger der Wohneinrichtung abgewiesen. Im Berufungsverfahren jedoch hat der Bundesgerichtshof insbesondere auf die Bedeutung der DIN-Norm DIN EN 806-2 Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen zum Schutz vor Verbrühungen hingewiesen:
„Ein Heimbewohner, der dem Heimträger zum Schutz seiner körperlichen Unversehrtheit anvertraut ist, kann erwarten, dass der Heimträger ihn jedenfalls vor einer in einer DIN-Norm beschriebenen Gefahrenlage schützt, wenn er selbst auf Grund körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht in der Lage ist, die Gefahr eigenverantwortlich zu erkennen und angemessen auf sie zu reagieren. Um die daraus folgende Obhutspflicht zu erfüllen, muss der Heimträger, soweit dies mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand möglich und für die Heimbewohner sowie das Pflege- und Betreuungspersonal zumutbar ist, nach seinem Ermessen entweder die Empfehlungen der DIN-Norm umsetzen oder aber die erforderliche Sicherheit gegenüber der dieser Norm zugrunde liegenden Gefahr auf andere Weise gewährleisten, um Schäden der Heimbewohner zu vermeiden.“
Die Norm DIN EN 806-2 empfiehlt, dass in Gesundheits- und Betreuungseinrichtungen „zur Verminderung des Risikos von Verbrühungen thermostatische Mischventile oder -batterien mit Begrenzung der oberen Temperatur eingesetzt werden. Empfohlen wird eine
höchste Temperatur von 43° C. Bei Duschanlagen usw. in Kindergärten und in speziellen Bereichen von Pflegeheimen sollte sichergestellt werden, dass
die Temperatur 38° C nicht übersteigen kann" (DIN, 2005).
„Pflegeeinrichtungen sind gut beraten die technischen Regeln einzuhalten“ (Nölting, 2017). Deshalb sollten jetzt alle Betreiber von Wohn- und Pflegeeinrichtungen, aber auch von ambulanten Diensten und Wohngemeinschaften, eine sogfältige Gefährdungsbeurteilung durchführen und anschließend die notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen.
Literatur:
Deutsches Institut für Normung e.V. (2005) DIN EN 806-2: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung. Berlin: Beuth
Lapschieß, R. (2014): Risikomanagement: Heißes Wasser - eine tödliche Gefahr für Pflegebedürftige. In: QM-Praxis in der Pflege, (3) 6, S. 20 - 25.
Lapschieß, R. (2019): Experte befürchtet Zunahme von Verbrühungsunfällen in Pflegeheimen. Interview Mitteldeutscher Rundfunk.
https://www.mdr.de/investigativ/exakt-pflegeheim-verbruehungen-100.html?fbclid=IwAR0i7yFm1xWBszIsHAUQjED2BQI6y3aLl7ZG6Cbum_-DOAkq8oAEeUSnuJg (Zugriff am 06.09.2019)
Nöltner, O. (2017): Tödlicher „Badeunfall“ im Pflegeheim – Betrachtung aus Sicht des Arbeitsschutzes.
Tödlicher „Badeunfall“ im Pflegeheim – Betrachtung aus Sicht des Arbeitsschutzes – Der Telebetriebsarzt von betriebsarzt.online (Zugriff am 06.09.2019)