
Christian Kröhl
Administrator
Teammitglied
- 25.06.2000
Wie sich aus einer facebook-Diskussion der letzten Tage zum Thema 12h-Schichten herauskristallisiert hat, bestehen zu den von den Landesämtern für Arbeitssicherheit ausgestellten Sondergenehmigen zur Einrichtung kontinuierlicher 12-Stunden-Schichten mitunter leider erhebliche Missverständnisse.
Nach Rücksprache mit dem Landesamt für Arbeitssicherheit Berlin und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin möchte ich hier kurz auf die erheblichen Betriebsrisiken hinweisen, die einem AIPD aus diesen Ausnahme- und Sondergenehmigungen erwachsen. Ich versuche hier aufzuführen, was ich bei den jeweiligen Stellen in Erfahrung bringen konnte:
Wie das LAGetSi Berlin bestätigte, sind Sondergenehmigung zur Einrichtung eines 12h-Schichtbetriebs - wie bekannt - durch den Gesetzgeber als unter bestimmten Voraussetzungen zulässig vorgesehen worden. Grundsätzlich kann und wird ein Landesamt für Arbeitssicherheit nur antragsgemäß und nach Aktenlage prüfen.
"Know what you´re asking for.."
Beantragt ein AIPD die Genehmigung für Dienstzeiten bis zu 12h und erklärt und belegt anhand Dienstplänen und Stundennachweisen, dass
D.h., werden im Dienstplan Pausen angegeben, müssen diese auch faktisch allen Merkmalen einer gesetzlichen Pause entsprechen (ArbZG § 4 - Ruhepausen, BAG 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 - AP AZO § 12 Nr. 9 = EzA AZO § 12 Nr. 1), - d.h., der AN muss in dieser Zeit nachweislich von seinen Pflichten entbunden und darf nicht in den Betrieb eingebunden sein, wie z.B. durch eine örtliche Bindung oder eine weiter bestehende Interventionsbereitschaft.
Dies ist im Bereich der außerklinischen Intensivpflege (die auf der Notwendigkeit einer durchgehenden, ununterbrochenen 24stündigen Überwachung und Betreuung beruht) faktisch nur möglich, wenn der AN durch einen anderen AN in dieser Zeit aus- bzw. abgelöst wird. Werden ohne diese Voraussetzung hier nun Pausenzeiten im Dienstplan dokumentiert, müssen wir uns bewusst machen, dass wir eine Urkundenfälschung begehen würden.
Gleiches gilt für den Fall, wenn der Rahmen der so genehmigten 12h überschritten wird - wie beispielsweise durch Zeiten einer Übergabe oder nachdienstlicher Tätigkeiten - und diese zusätzlich anfallende Arbeitszeit im Dienstplan unterschlagen wird.
Hinweis: Auch eine telefonische Übergabe wird hierbei selbstverständlich als Arbeitszeit bewertet - auch wenn sich einer der Gesprächspartner nicht beim Kunden aufhält, erbringen beide AN im Hauptmerkmal eine Arbeitstätigkeit für ihren Arbeitgeber im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses.
"Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"
Hat ein AIPD also eine Ausnahmegenehmigung zur "Verlängerung der täglichen Höchstarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden" beantragt, ohne auf die besonderen Umstände der Lage und Ausgestaltung der Arbeitszeit hinzuweisen, unterstellt das Landesamt bei einer Feststellung des IST-Zustandes die Abgabe bewusst unrichtiger Angaben.
AIPDs die solche Ausnahmegenehmigungen bewilligt bekommen haben, sollten sich daher dringend nochmals ansehen, was da genau genehmigt wurde. Dabei handelt es sich nämlich nicht um einen Persilschein, sondern um eine genau definierte Bewilligung auf die Verlängerung auf "bis zu 12 Stunden." D.h., für alle Zeiten die über diese 12 Stunden hinausgehen, besteht KEINE Bewilligung und der AIPD verstösst automatisch gegen die Vorschriften des §7 ArbZG, begeht somit eine Ordnungswidrigkeit und sieht sich erheblichen und empfindlichen Bußgeldern gegenüber.
Das Bußgeld beträgt in diesen Fällen zunächst 2.500 EUR (mit oder ohne Ausnahmegenehmigung, ArbZG §22 - Bußgeldvorschriften). Gleichsam wird dieses Bußgeld jedoch für jeden Mitarbeiter einzeln fällig und es besteht hierbei kein Fortsetzungszusammenhang, da die Verletzung der schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers gegenüber jedem Mitarbeiter einzeln und gesondert begangen wurde. Bei einem Personalbestand von 10 Mitarbeitern würden so also bereits 25.000 EUR an Bußgeldern fällig.
Damit aber nicht genug - hat der AIPD dann auch noch eine Ausnahmegenehmigung für den "bis zu 12 Stunden"-Betrieb bewilligt bekommen und hierzu unvollständige und/oder unrichtige Angaben gemacht oder nach Bewilligung die maßgeblichen Merkmale der Beantragungsgrundlage verändert, erfüllt dies den Straftatbestand des Betrugs in besonders schwerem Fall (gewerbsmäßig) und wird nach deren Auskunft durch das Landesamt zur Anzeige gebracht.
"Save the best for last..."
Jetzt könnte man meinen, schlimmer geht es ja nicht. Wenn man bislang dieser Auffassung ist, sollte man vor dem Weiterlesen bitte zunächst auf einem Stuhl platz nehmen.
Hat ein Landesamt nun bei einem AIPD - auf Grund eines Hinweises oder auch nur während einer erneuten Routineüberprüfung - festgestellt, dass gegen die erteilte Bewilligung in vorbeschriebener Art verstossen wurde, kann und wird das entsprechende Landesamt den weiteren Betrieb im bewilligten 12-Stunden-Schichtsystem per sofort untersagen. D.h., der Betrieb muss seine Dienstpläne dann sofort ArbZG-konform umschreiben und dem Landesamt zur Prüfung & Genehmigung vorlegen - ein kurzer Blick auf oder in den eigenen Dienstplaner reicht völlig aus um sich vorzustellen, dass jeder AIPD somit ein hochakutes und veritables Personalproblem hat. Denn es platzt natürlich sofort jede einzelne Versorgung. Und nicht, dass das nur kaum lösbare Versorgungsprobleme mit sich bringt, auch die Kassen werden spätestens hier enorm hellhörig..
Überschreitet der AIPD aber - entweder aus purer Not oder Blauäugigkeit - anschließend weiterhin die nun gültigen Höchstarbeitszeitgrenzen, haben die Landesämter die Autorität, dem betroffenen AIPD die Weiterführung seiner betrieblichen Tätigkeit zu untersagen.
Abschließender Hinweis / Disclaimer
Die Fachaufsicht der Landesämter für Arbeitsschutz wird durch die entsprechenden Referate der jeweiligen Landesregierungen wahrgenommen, in Berlin beispielsweise die Senatsverwaltung. Sie unterliegen also keinem Bundesamt und damit Bundesrecht, sondern sind Ländersache und fallen unter das Landesrecht. Das bedeutet, dass sich diese Vorgehensweise von Landesamt zu Landesamt an einzelnen Punkten durchaus unterscheiden kann - jedoch nicht in seiner grundlegenden Gesamtheit, da die ArbZG Bundesrecht und somit Vorgabe der Landesämter sind.
An dieser Stelle sollte man nun womöglich allen AIPDs mit bereits erteilter Bewilligung anraten, sich die Vorgehensweise des für diesen zuständigen Landesamtes einzuholen. Dabei muss jedoch jeder für sich beurteilen, ob er damit unter Umständen einen schlafenden Hund mit womöglich unabsehbaren Folgen weckt.
Sich der oben dargestellten Folgen - zumindest der rechtlichen - zu entledigen bevor das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist, scheint jedoch folgenlos möglich. Nach Auskunft reicht hierzu eine kurze schriftliche Mitteilung an das Landesamt, dass sich die Voraussetzungen der Bewilligung verändert haben, die Ausnahmegenehmigung daher keine Anwendung mehr findet und man um deren Aufhebung bittet.
Ich hoffe, dass sich AIPDs für die Thematik weiter sensibilieren und somit vorab einem u.U. existenziellen Betriebsrisiko begegnen können. Da die Folgen aus dieser Problematik nicht nur die AIPDs u.U. existentiell, sondern auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährden, stelle ich das Thema daher auch hier als Informationsbeitrag ein.
Nach Rücksprache mit dem Landesamt für Arbeitssicherheit Berlin und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin möchte ich hier kurz auf die erheblichen Betriebsrisiken hinweisen, die einem AIPD aus diesen Ausnahme- und Sondergenehmigungen erwachsen. Ich versuche hier aufzuführen, was ich bei den jeweiligen Stellen in Erfahrung bringen konnte:
Wie das LAGetSi Berlin bestätigte, sind Sondergenehmigung zur Einrichtung eines 12h-Schichtbetriebs - wie bekannt - durch den Gesetzgeber als unter bestimmten Voraussetzungen zulässig vorgesehen worden. Grundsätzlich kann und wird ein Landesamt für Arbeitssicherheit nur antragsgemäß und nach Aktenlage prüfen.
"Know what you´re asking for.."
Beantragt ein AIPD die Genehmigung für Dienstzeiten bis zu 12h und erklärt und belegt anhand Dienstplänen und Stundennachweisen, dass
- a. die beantragte neue Höchstarbeitszeitgrenze nicht überschritten wird
- b. den Arbeitnehmern die Durchführung von Pausen- und Ruhezeiten in vom Gesetzgeber vorgeschriebener Art und Umfang garantiert ist und
- c. sämtliche zur Bewilligung notwendigen Auflagen erfüllt sind,
D.h., werden im Dienstplan Pausen angegeben, müssen diese auch faktisch allen Merkmalen einer gesetzlichen Pause entsprechen (ArbZG § 4 - Ruhepausen, BAG 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 - AP AZO § 12 Nr. 9 = EzA AZO § 12 Nr. 1), - d.h., der AN muss in dieser Zeit nachweislich von seinen Pflichten entbunden und darf nicht in den Betrieb eingebunden sein, wie z.B. durch eine örtliche Bindung oder eine weiter bestehende Interventionsbereitschaft.
Dies ist im Bereich der außerklinischen Intensivpflege (die auf der Notwendigkeit einer durchgehenden, ununterbrochenen 24stündigen Überwachung und Betreuung beruht) faktisch nur möglich, wenn der AN durch einen anderen AN in dieser Zeit aus- bzw. abgelöst wird. Werden ohne diese Voraussetzung hier nun Pausenzeiten im Dienstplan dokumentiert, müssen wir uns bewusst machen, dass wir eine Urkundenfälschung begehen würden.
Gleiches gilt für den Fall, wenn der Rahmen der so genehmigten 12h überschritten wird - wie beispielsweise durch Zeiten einer Übergabe oder nachdienstlicher Tätigkeiten - und diese zusätzlich anfallende Arbeitszeit im Dienstplan unterschlagen wird.
Hinweis: Auch eine telefonische Übergabe wird hierbei selbstverständlich als Arbeitszeit bewertet - auch wenn sich einer der Gesprächspartner nicht beim Kunden aufhält, erbringen beide AN im Hauptmerkmal eine Arbeitstätigkeit für ihren Arbeitgeber im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses.
"Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"
Hat ein AIPD also eine Ausnahmegenehmigung zur "Verlängerung der täglichen Höchstarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden" beantragt, ohne auf die besonderen Umstände der Lage und Ausgestaltung der Arbeitszeit hinzuweisen, unterstellt das Landesamt bei einer Feststellung des IST-Zustandes die Abgabe bewusst unrichtiger Angaben.
AIPDs die solche Ausnahmegenehmigungen bewilligt bekommen haben, sollten sich daher dringend nochmals ansehen, was da genau genehmigt wurde. Dabei handelt es sich nämlich nicht um einen Persilschein, sondern um eine genau definierte Bewilligung auf die Verlängerung auf "bis zu 12 Stunden." D.h., für alle Zeiten die über diese 12 Stunden hinausgehen, besteht KEINE Bewilligung und der AIPD verstösst automatisch gegen die Vorschriften des §7 ArbZG, begeht somit eine Ordnungswidrigkeit und sieht sich erheblichen und empfindlichen Bußgeldern gegenüber.
Das Bußgeld beträgt in diesen Fällen zunächst 2.500 EUR (mit oder ohne Ausnahmegenehmigung, ArbZG §22 - Bußgeldvorschriften). Gleichsam wird dieses Bußgeld jedoch für jeden Mitarbeiter einzeln fällig und es besteht hierbei kein Fortsetzungszusammenhang, da die Verletzung der schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers gegenüber jedem Mitarbeiter einzeln und gesondert begangen wurde. Bei einem Personalbestand von 10 Mitarbeitern würden so also bereits 25.000 EUR an Bußgeldern fällig.
Damit aber nicht genug - hat der AIPD dann auch noch eine Ausnahmegenehmigung für den "bis zu 12 Stunden"-Betrieb bewilligt bekommen und hierzu unvollständige und/oder unrichtige Angaben gemacht oder nach Bewilligung die maßgeblichen Merkmale der Beantragungsgrundlage verändert, erfüllt dies den Straftatbestand des Betrugs in besonders schwerem Fall (gewerbsmäßig) und wird nach deren Auskunft durch das Landesamt zur Anzeige gebracht.
"Save the best for last..."
Jetzt könnte man meinen, schlimmer geht es ja nicht. Wenn man bislang dieser Auffassung ist, sollte man vor dem Weiterlesen bitte zunächst auf einem Stuhl platz nehmen.
Hat ein Landesamt nun bei einem AIPD - auf Grund eines Hinweises oder auch nur während einer erneuten Routineüberprüfung - festgestellt, dass gegen die erteilte Bewilligung in vorbeschriebener Art verstossen wurde, kann und wird das entsprechende Landesamt den weiteren Betrieb im bewilligten 12-Stunden-Schichtsystem per sofort untersagen. D.h., der Betrieb muss seine Dienstpläne dann sofort ArbZG-konform umschreiben und dem Landesamt zur Prüfung & Genehmigung vorlegen - ein kurzer Blick auf oder in den eigenen Dienstplaner reicht völlig aus um sich vorzustellen, dass jeder AIPD somit ein hochakutes und veritables Personalproblem hat. Denn es platzt natürlich sofort jede einzelne Versorgung. Und nicht, dass das nur kaum lösbare Versorgungsprobleme mit sich bringt, auch die Kassen werden spätestens hier enorm hellhörig..
Überschreitet der AIPD aber - entweder aus purer Not oder Blauäugigkeit - anschließend weiterhin die nun gültigen Höchstarbeitszeitgrenzen, haben die Landesämter die Autorität, dem betroffenen AIPD die Weiterführung seiner betrieblichen Tätigkeit zu untersagen.
Abschließender Hinweis / Disclaimer
Die Fachaufsicht der Landesämter für Arbeitsschutz wird durch die entsprechenden Referate der jeweiligen Landesregierungen wahrgenommen, in Berlin beispielsweise die Senatsverwaltung. Sie unterliegen also keinem Bundesamt und damit Bundesrecht, sondern sind Ländersache und fallen unter das Landesrecht. Das bedeutet, dass sich diese Vorgehensweise von Landesamt zu Landesamt an einzelnen Punkten durchaus unterscheiden kann - jedoch nicht in seiner grundlegenden Gesamtheit, da die ArbZG Bundesrecht und somit Vorgabe der Landesämter sind.
An dieser Stelle sollte man nun womöglich allen AIPDs mit bereits erteilter Bewilligung anraten, sich die Vorgehensweise des für diesen zuständigen Landesamtes einzuholen. Dabei muss jedoch jeder für sich beurteilen, ob er damit unter Umständen einen schlafenden Hund mit womöglich unabsehbaren Folgen weckt.
Sich der oben dargestellten Folgen - zumindest der rechtlichen - zu entledigen bevor das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist, scheint jedoch folgenlos möglich. Nach Auskunft reicht hierzu eine kurze schriftliche Mitteilung an das Landesamt, dass sich die Voraussetzungen der Bewilligung verändert haben, die Ausnahmegenehmigung daher keine Anwendung mehr findet und man um deren Aufhebung bittet.
Ich hoffe, dass sich AIPDs für die Thematik weiter sensibilieren und somit vorab einem u.U. existenziellen Betriebsrisiko begegnen können. Da die Folgen aus dieser Problematik nicht nur die AIPDs u.U. existentiell, sondern auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährden, stelle ich das Thema daher auch hier als Informationsbeitrag ein.
- Qualifikation
- Fachkrankenpfleger für Anästhesie & Intensivpflege
- Weiterbildungen
- Fachkraft für Leitungsaufgaben in der Pflege
- Studium
- Gesundheits- und Sozialökonomie, Betriebswirtschaft (VWA)