H
Harald Zagar
Mitglied
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- 07.07.2000
Liebe Freunde/Innen im Board,
ich habe mir die(emotionalen)Beiträge im Board engesehen. Ich habe auch und natürlich Überlegungen angestellt,auf den einen oder anderen Beitrag zu antworten. Nach einigem Überlegen habe ich mich zu einer "anderen Antwort" entschlossen. Nun wünsche ich mir, dass nach meinem Bericht wieder etwas Ruhe einkehren möge.
Kummunikationsethik ist hier als ethische Richtlinie für humanes Miteinander-Reden und faires Diskutieren gemeint. Letzteres ist in der "Sterbeproblematik" besonders wichtig, und zwar wenn es unterschiedliche Meinungen geht.
Gespräche oder Diskussionen, die auf Verständigung über Sachverhalte oder Beurteilungen abzielen Verlangen von keinem Beteiligten, dass er sich der Sachverhaltsbeschreibung oder dem Werturteil des Partners einfach anschließt. Wichtig ist nur, dass jeder versteht, was der andere sagen will, und dass jeder sich vom anderen auch richtig verstanden fühlt. Man muß verstehen wollen; wobei allerdings ein hohes Maß an Objektivitätsvermögen nötig ist, um auch richtig zu verstehen, was man selbst ganz anders sieht (Sachverhalte) oder ganz anders beurteilt (Werturteil). Ein solches Gespräch kann, gerade wenn es ein Streitgespräch ist, nur zustande kommen, wenn
1. die Partner in ihrem Reden den anderen nicht irreführen und in ihrem Hören nicht mißverstehen wollen und
2. jeder seinen Partner auch in seiner jeweiligen Aussage ernst nimmt, und wenn
3. keiner den Anspruch erhebt, in eigner Sache festzustellen, wer von beiden in welchen Dissenzpunkten recht oder nicht recht hat. Dies vermag in der Regel nur ein sowohl sachkundiger als auch kritischer und neutraler Zuhörer oder Leser.
Leider verlaufen Streitgespräche meistens nicht nach diesen Leitlinien, und das Auditorium ist oft gar nicht in der Lage, die vorgebrachten Argumente kritisch zu würdigen. Viele Diskussionen verlaufen daher nach genau gegenteiligem Muster:
Man redet selbst nur um irrezuführen oder den Pertner zu einer ungeschützten Bemerkung zu provozieren, damit man ihn anschließend "fertigmachen" kann; und man hört nicht unbefangen, sondern man lauert nur auf Schwachpunkte, Ungenauigkeiten oder mißdeutbare Aussagen, die man in der Repli auf die eine oder andere Weise abwerten, entrüstet verurteilen oder lächerlich machen kann. Der humane Sinn von Mund und Ohren, wie Karl Barth sagt, wird verfehlt.
In der schriftlichen Auseinandersetzung ist die Methode der Verfälschung noch leichter und wirkungsvoller, weil der Gegner oft nicht oder verspätet zu Wort kommt. Besonders eindrucksvoll ist es, sich aus dem Chor der gegnerischen Meinung diejenigen Stimmen auszusuchen, die möglichst weit über das Ziel hinausschießen und nachweisbare Irrtümer, Fehler, Unterstellungen oder noch Schlimmeres enthalten. Mit ihnen wird man leicht fertig und gewinnt den Leser für sich. Auf die seriöse und sachliche Kritik, die es in der Regel ja auch gibt, geht man erst gar nicht ein; und so entsteht nach außen hin der Eindruck, dass es dem Autor nur um die Abwehr unsachlicher oder böswilliger Kritik geht. Gegen weniger gravierende Ausrutscher ist aber auch der eigentlich gutwillige Streitpartner nicht immer gefeit.
Kommunikationsethik verlangt auch, dass die emotionalen Kräfte, die der Mensch als Motivation für sein Handeln so dringend braucht, nicht außer Kontrolle geraten. Der emotional Engagierte sieht meist nur sein Hauptanliegen, demgegenüber die Details keine Rolle spielen, und so liegt die Gefahr nahe, dass die entsprechenden Sachverhalte einseitig gesehen und dargestellt werden. Es ist durchaus verständlich, dass Menschen unter ihrer Ohnmacht gegen das an Menschen begangene Unrecht so leiden, dass sie die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren und so zu "Amokrednern/Schreibern" werden, die das Gegenteil von dem provozieren, was sie eigentlich erreichen wollen.
Kommunikationsethik erlaubt durchaus, einen Gesprächspartner auf Schwächen seiner Argumente hinzuweisen. Nicht erlaubt ist jedoch der Versuch, einen weniger erfahrenen Partner in eine Zwickmühlsituation zu manövrieren.
An dieser Stelle könnte jetzt ein neuer Begriff eingeführt werden, der da lautet: Kompromiß. Er bedeutet Übereinkunft durch beidseitiges Nachgeben und sucht den Ausgleich zwischen unterschiedlichen Positionen, Meinugen und/oder Interssen/Konflikte und die daraus resultierende Notwendigkeit zur Lösung oder doch friedlichen Bewältigung der Auseiandersetzung.
So hoffe ich doch sehr, das alle Diskussionsteilnehmer den Boden der Sachlichkeit niemals verlassen mögen, und wir auch weiterhin Kritische Fragen besprechen können. Wenn dieser Beitrag das ermöglichen würde, wäre er nicht umsonst geschreiben worden.
Wie immer, harald.
ich habe mir die(emotionalen)Beiträge im Board engesehen. Ich habe auch und natürlich Überlegungen angestellt,auf den einen oder anderen Beitrag zu antworten. Nach einigem Überlegen habe ich mich zu einer "anderen Antwort" entschlossen. Nun wünsche ich mir, dass nach meinem Bericht wieder etwas Ruhe einkehren möge.
Kummunikationsethik ist hier als ethische Richtlinie für humanes Miteinander-Reden und faires Diskutieren gemeint. Letzteres ist in der "Sterbeproblematik" besonders wichtig, und zwar wenn es unterschiedliche Meinungen geht.
Gespräche oder Diskussionen, die auf Verständigung über Sachverhalte oder Beurteilungen abzielen Verlangen von keinem Beteiligten, dass er sich der Sachverhaltsbeschreibung oder dem Werturteil des Partners einfach anschließt. Wichtig ist nur, dass jeder versteht, was der andere sagen will, und dass jeder sich vom anderen auch richtig verstanden fühlt. Man muß verstehen wollen; wobei allerdings ein hohes Maß an Objektivitätsvermögen nötig ist, um auch richtig zu verstehen, was man selbst ganz anders sieht (Sachverhalte) oder ganz anders beurteilt (Werturteil). Ein solches Gespräch kann, gerade wenn es ein Streitgespräch ist, nur zustande kommen, wenn
1. die Partner in ihrem Reden den anderen nicht irreführen und in ihrem Hören nicht mißverstehen wollen und
2. jeder seinen Partner auch in seiner jeweiligen Aussage ernst nimmt, und wenn
3. keiner den Anspruch erhebt, in eigner Sache festzustellen, wer von beiden in welchen Dissenzpunkten recht oder nicht recht hat. Dies vermag in der Regel nur ein sowohl sachkundiger als auch kritischer und neutraler Zuhörer oder Leser.
Leider verlaufen Streitgespräche meistens nicht nach diesen Leitlinien, und das Auditorium ist oft gar nicht in der Lage, die vorgebrachten Argumente kritisch zu würdigen. Viele Diskussionen verlaufen daher nach genau gegenteiligem Muster:
Man redet selbst nur um irrezuführen oder den Pertner zu einer ungeschützten Bemerkung zu provozieren, damit man ihn anschließend "fertigmachen" kann; und man hört nicht unbefangen, sondern man lauert nur auf Schwachpunkte, Ungenauigkeiten oder mißdeutbare Aussagen, die man in der Repli auf die eine oder andere Weise abwerten, entrüstet verurteilen oder lächerlich machen kann. Der humane Sinn von Mund und Ohren, wie Karl Barth sagt, wird verfehlt.
In der schriftlichen Auseinandersetzung ist die Methode der Verfälschung noch leichter und wirkungsvoller, weil der Gegner oft nicht oder verspätet zu Wort kommt. Besonders eindrucksvoll ist es, sich aus dem Chor der gegnerischen Meinung diejenigen Stimmen auszusuchen, die möglichst weit über das Ziel hinausschießen und nachweisbare Irrtümer, Fehler, Unterstellungen oder noch Schlimmeres enthalten. Mit ihnen wird man leicht fertig und gewinnt den Leser für sich. Auf die seriöse und sachliche Kritik, die es in der Regel ja auch gibt, geht man erst gar nicht ein; und so entsteht nach außen hin der Eindruck, dass es dem Autor nur um die Abwehr unsachlicher oder böswilliger Kritik geht. Gegen weniger gravierende Ausrutscher ist aber auch der eigentlich gutwillige Streitpartner nicht immer gefeit.
Kommunikationsethik verlangt auch, dass die emotionalen Kräfte, die der Mensch als Motivation für sein Handeln so dringend braucht, nicht außer Kontrolle geraten. Der emotional Engagierte sieht meist nur sein Hauptanliegen, demgegenüber die Details keine Rolle spielen, und so liegt die Gefahr nahe, dass die entsprechenden Sachverhalte einseitig gesehen und dargestellt werden. Es ist durchaus verständlich, dass Menschen unter ihrer Ohnmacht gegen das an Menschen begangene Unrecht so leiden, dass sie die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren und so zu "Amokrednern/Schreibern" werden, die das Gegenteil von dem provozieren, was sie eigentlich erreichen wollen.
Kommunikationsethik erlaubt durchaus, einen Gesprächspartner auf Schwächen seiner Argumente hinzuweisen. Nicht erlaubt ist jedoch der Versuch, einen weniger erfahrenen Partner in eine Zwickmühlsituation zu manövrieren.
An dieser Stelle könnte jetzt ein neuer Begriff eingeführt werden, der da lautet: Kompromiß. Er bedeutet Übereinkunft durch beidseitiges Nachgeben und sucht den Ausgleich zwischen unterschiedlichen Positionen, Meinugen und/oder Interssen/Konflikte und die daraus resultierende Notwendigkeit zur Lösung oder doch friedlichen Bewältigung der Auseiandersetzung.
So hoffe ich doch sehr, das alle Diskussionsteilnehmer den Boden der Sachlichkeit niemals verlassen mögen, und wir auch weiterhin Kritische Fragen besprechen können. Wenn dieser Beitrag das ermöglichen würde, wäre er nicht umsonst geschreiben worden.
Wie immer, harald.