AW: Euthanasie?
... ich muss jetzt auch sagen, dass mir im Verlauf der Diskussion langsam aufgeht, wo bei mir ein Verständnisproblem herrscht. Nämlich dabei, was es denn eigentlich bedeutet "eine Entscheidung zu treffen". Es gibt da, wie ich jetzt verstehe, klare rechtliche Auffassungen.
Ich bin hier allerdings davon ausgegangen, dass das Grundproblem nicht darin liegt, wer rechtlich gesehen ein "Entscheidung" zu fällen hat (im Beispiel klar der Sohn), sondern wer oder was zur "Entscheidungsfindung" beitragen soll (nach Auffassung des Thema-Starters das Pflegepersonal).
Das klingt jetzt sicherlich kompliziert. Ich meine z.B.: auf unserer Abteilung sind ca. 50% der Bewohner, die keine direkten zuständigen Angehörigen haben. Da ist in irgendeiner Form ein Beistand oder Betreuer zuständig. Wenn es jetzt um solch heikle medizinische Probleme wie hier beschrieben geht, wie wird da wohl der Rechtsweg sein? Wer wird entscheiden? der Richter, der Betreuer, der Hausarzt? mit Sicherheit wird durch irgendeine Hierarchiestufe auch derjenige um eine Einschätzung gefragt, der am nächsten am Bewohner/Patienten dran ist und nun raten wir mal wer das ist. Und wer hat dann eigentlich die Entscheidung getroffen?
Wenn ich mich jetzt auch noch frage, wer denn wohl die Kompetenz hat solche Entscheidungen zu treffen, wie es in den Beiträgen zuvor zur Debatte steht, fällt mir nur der Allmächtige ein.
Da helfen mir auch keine Paragraphen oder Stellenbeschreibungen, aber die Diskussion darüber ist schonmal eine grosse Hilfe!
du irrst dich. der sohn kann diese entscheidung nicht alleine fällen; hierzu muss er das amtsgericht/die betreuungsstelle anrufen. diese genehmigt dann (oder auch nicht) und ist somit ein teil des gefüges, das vielmehr zusammen die entscheidung fällt. (ich möchte übrigens behaupten, dass in diesem fall, wenn keine patientenverfügung vorliegt, niemals so entschieden werden dürfte, dass bei dislozierter PEG nunmehr durch unterlassen der sterbeprozess eingeleitet wird.)
was die situation auf deiner abteilung angeht: "der richter" und der betreuer (also das amt und der betreuer) entscheiden das de facto zusammen, hoffentlich unter rückgriff auf kompetente, fachlich korrekte, umfassende und fehlerfreie information durch das pflegepersonal/PFK's. falls das pflegepersonal hier sachdienliche informationen hat, deren zurückhalten für die betreffende person einen schaden bedeuten könnte, dann müssen diese natürlich auch kommuniziert werden - da ist ja immer noch so etwas wie eine fürsorgepflicht, und auch 'das unterlassen' selber ist eine aktive handlung.
nochmal: die entscheidung trifft der betreuer, genehmigt durch das gericht, unter rückgriff auf alle relevanten informationsquellen (wenn es diese denn gibt; wovon ich in einer ambulanten oder stationären versorgung mal ausgehe). wenn ich beobachten würde, dass ein betreuer entscheidet, eine PEG sei nicht wieder neu zu legen, womit verbunden wäre, dass die betreffende person unweigerlich stirbt,
dann frage ich zumindest beim gericht um rat.
und paragraphen können auf jeden fall weiterhelfen (siehe den von mir verlinkten).
gesetze sind unsere gesellschaftlichen normen - sicherlich ist es nicht irgendein "allmächtiger"; und an die müssen wir uns alle halten, religionsunabhängig. wir alle haben in unserer ausbildung die ausbildungs- und prüfungsordung kennengelernt, das BGB, das betreuungsgesetz usw usf. wir alle sind gehalten, uns fortzubilden und auf einem aktuellen stand zu sein. wir alle haben diese ausbildung freiwillig gemacht und müssen (und können) damit leben - oder wir haben zu gehen, wenn uns das nicht passt.
Lieber Eisenbarth,
mir ist nicht klar was du mit deinem Beitrag meinst, oder wohin es tendiert. Es ist doch in der sache jedem klar das wir in Situationen kommen wo egal wie du entscheidest einem Zweifel bleiben und mit diesen muß du leben können. Es macht keinen Sinn sich in den Momenten von jeder Verantwortung zu drücken mit dem hinweis es obliegt nicht in meinem Verantwortungsbereich. Dann hat mann den falschen Job gelernt. Ds leben wäre ja schön wenn alles klärbar wäre aber das Leben ist nunmal nicht so.
Die fragestellung ist doch klar und eindeutig von lisy.
sage mir mal bitte eine situation, die du als nicht klärbar empfinden würdest.
Hallo Eisenbarth,
ich frag mich halt, welche Kompetenz meinst du?
Gehts hier um die Zuständigkeit, Befugniss? (ich glaube weniger, weil die ist gesetzlich geregelt) Oder gehts eher um das Können, die Fähigkeit, das Vermögen was entscheiden zu können.
Ist man schon kompetent, wenn man einen bestimmten Beruf hat, z.B. der Arzt, oder ist man kompetent, wenn man genügend Erfahrung hat, wie z.B. eine PFK mit 30 jähriger Erfahrung in der Paliativpflege? Und bitte wer legt fest, wer kompetent ist und nach welchen klaren, nachvollziehbaren Kriterien wird dies festgelegt?
Du schreibst von klaren Handlungsanweisungen, "schreisst" nach Standards- das ist für mich ein klares Zeichen, das du ziemlich unsicher bist beim Thema Sterbebegleitung.
Ich brauch all dies nicht, weil ich weiß, das jeder so individuell stirbt, wie er gelebt hat und man eh selten nach Norm vorgehen kann.
Im Übrigen ist die Entscheidung, was zu tun ist, immer eine gemeinschaftliche, ich hab in meinen 30 Jahren Altenpflege nur ganz selten erlebt, das jemand ohne sich zu beraten eine Entscheidung trifft.
Aber ich hab schon manchmal erlebt, das die Menschen denen der "Tod versagt" z.B. durch Reanimation, sehr wütend auf ihre Retter waren.
Lisy
P.S. das heißt jetzt nicht, das wir keine groben Handlungsanweisungen haben
rechtlich ist man kompetent, wenn man eine bestimmte ausbildung hat, ja. praktisch ist man kompetent, wenn etwas
kann. das hilft einem nur nicht viel weiter, wenn man es nicht
darf. ob eine PFK oder PHK 30 jahre in der palliativpflege arbeitet und wirklich erfahren ist, ist beinahe völlig irrelevant, wenn es zu einem fall wie dem im ersten posting geschilderten kommt, denn sie 'könnte' vllt etwas entscheiden, darf es aber nicht. ihre kompetenz liegt hier darin, derartiges an die stellen weiterzuleiten, die es können
und dürfen & dabei die von ihr gesammelten relevanten informationen kompetent mitzuliefern.
ich "schreie" übrigens nicht nach standards, und es macht auch keinen sinn, diese diskussion auf eine solche ebene ziehen zu wollen. als ich von standards geschrieben habe, ging es um die frage, ob im konkreten fall (siehe posting) ein arzt gerufen werden muss und was bei konkretem zeitmangel (siehe posting) weiter zu erfolgen hat. bitte lese im kontext.
diese stereotypen aussagen wie "jeder stirbt individuell" bringen niemand etwas. denn das wissen wir hier (vermutlich alle) schon und außerdem hat es halt überhaupt nichts damit zu tun, worüber hier gesprochen wird.
dass es, was die individualität des sterbens angeht, keine standards gibt, ist mir (übrigens sogar mit etwas weniger erfahrung als 30 jahren) tatsächlich auch schon klar geworden... dass es aber mitunter sehr klare handlungsanweisungen gibt, das ist mir ebenso klar. die pauschale aussage "(...) dass wir keine groben handlungsanweisungen haben" ist in ihrer allgemeingültigkeit schon nahe an der unverständlichkeit. was willst du damit sagen?
nach "norm" vorgehen kann um muss man aber dann, wenn es um fragen geht wie: "endet hier meine kompetenz, muss hier ein arzt gerufen werden", "muss hier ein richter informiert werden". oder entscheidest du das rein gefühlsmäßig und nur auf basis deiner persönlichen erfahrungen? kann das jemand mit 20 jahren berufserfahrung auch? auch jemand mit 2 jahren, oder einem? wer zieht dann die grenze, ab wann jemand erfahren ist? jeder für sich selber? ich denke, so funktioniert es wohl eher nicht am besten......