AW: Arbeitskleidung
. . jaaaa - da haben wir wieder die berühmte Frage, ob es einen Betriebsrat gibt.
Zuerst die Rechtlichkeit:
Weiße Kleidung von Pflegepersonal, die bei mindestens 60 Grad Celsius waschbar sein muß, entspricht dem Begriff der "Dienstkleidung" gem. § 67 BAT bzw. § 21 Abs. 2 AVR, die auf Anordnung des Arbeitgebers zur besonderen Kenntlichmachung im dienstlichen Interesse während der Arbeitszeit zu tragen sind. Sie bewirkt nach außen hin ein einheitliches Bild der Pflegekräfte und weist sie Besuchern und Patienten gegenüber als Mitarbeiter aus.
Es handelt sich
nicht um Berufskleidung, deren Beschaffung grundsätzlich dem Arbeitnehmer selbst obliegt, der sie aber entsprechend den Anforderungen der geschuldeten Arbeitsleistung nach seinem persönlichen Geschmack bestimmen kann.
BAG 6 AZR 536/01
Nach § 87(1)1. BetrVG wiederum hätte ein BR ein Mitbestimmungsrecht beim Erlass der Kleiderordnung und nach § 80(1)2. BetrVG hat der BR die Aufgabe, Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen (wie hier: Anschaffung leichter Kleidung), beim Arbeitgeber zu beantragen.
Gibt es keinen BR (und keine MAV bei kirchlichen Trägern) - dann kann der Arbeitgeber einseitig nach § 106 GewO das Tragen von Dienstkleidung anordnen.
Man könnte nun nach § 106 GewO ind Feld führen, dass das Tragen dicker Kleidung bei großer Hitze gegen den Grundsatz des billigen Ermessen verstößt, man könnte weiter versuchen, über das Gewerbeaufsichtamt Einfluss zu nehmen - aber das alles würde ich keinem Mitarbeiter empfehlen, der nicht den Sonderkündigungsschutz des BetrVG hat, denn das würde auf Konfrontation hinauslaufen, bei der der Arbeitgeber am längeren Hebel sitzt. Einfacher und wirkungsvoller wäre in solch einem Fall, wenn man um ein freundliches Gespräch ersucht, die Situation darstellt und darum bittet, entweder leichtere Dienstkleidung für den Sommer anzuschaffen, oder den MA zu erlauben, eigene leichte weiße Kleidung zu tragen. Jeder vernünftig denkende Arbeitgeber wird darauf eingehen, denn zufriedene und ausgeglichene MA reflektieren das auch auf die Pflegekunden. Wenn nicht, dann gibt es fünf Möglichkeiten:
- den Kopf einziehen und alles (Hitze und Kleidung) klaglos ertragen
- sich ähnlich Don Quichotte in den Kampf stürzen
- einen vernünftig denkenden Arbeitgeber suchen und kündigen
- Unterstützung bei der Gewerkschaft suchen und einen BR wählen
- einfach die leichtere Kleidung tragen, die eventuell dann erfolgende Abmahnung mit Hilfe von der Rechtsabteilung der Gewerkschaft (wenn man Mitglied ist), oder der Rechtsschutzversicherung (wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat) vom Arbeitsgericht auf ihre Rechtsmäßigkeit überprüfen lassen. Dazu würde ich jedoch im Vorfeld das oben erwähnte Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen (um den guten Willen zu demonstrieren) und dann darauf vertrauen, dass sich die Richter morgens die Hose auch nicht mit der Kneifzange anziehen . . .
Die oben angeführte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist übrigens eine sich aus der Rechtssprechung ergebende Nebenpflicht des Arbeitgebers, also nur durch Gerichtsurteile definiert. Eine mögliche gesundheitliche Schädigung herzuleiten dürfte nicht unmöglich, aber sehr schwierig sein - das könnte z.B. ein qualifizierter MA des Gewerbeaufsichtamtes. Alles, was Mitarbeiter/innen ins Feld führen könnten, kann ein unwilliger Arbeitgeber als unbewiesenes Gerede und Befindlichkeit abtun.
Gruß
